FESTIVAL

Wirtschaftsfestival 2018: "Arbeit und Technologie"

Das Festival in Trient hat nun schon Tradition! Es findet dieses Jahr vom 31. Mai bis 3. Juni statt



TRIENT. "Technologie kann Arbeitsbedingungen verbessern und mehr Freizeit schaffen“, schreibt Tito Boeri, der wissenschaftliche Leiter des Wirtschaftsfestivals Trient, „aber die fortschreitende Technologie geht leider auch mit einem höheren Konsum von Beruhigungsmitteln einher.“ Immer wenn der technische Fortschritt eine Beschleunigung erfährt, erstarken auch die Thesen darüber, dass die Maschinen die Menschen vollständig ersetzen werden.

Der Untergang der Menschenarbeit wurde unzählige Male mit einem alle Krisen überstehenden Technikpessimismus vorausgesagt. Hingegen werden in den Wirtschaften auf der ganzen Welt Millionen von Arbeitsplätzen geschaffen und fast überall ist die Beschäftigungsquote (Anteil der Erwerbstätigen an der Wohnbevölkerung im erwerbsfähigen Alter) im Laufe des 20. Jahrhunderts angestiegen.

Die Arbeitslosigkeit kann zwar in Zeiten der Rezession rapide zunehmen und in einigen Ländern – wie z. B. in Italien – ist sie momentan unerträglich hoch. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass die Arbeitslosigkeit langfristig ansteigt. Automatisierung bedeutet Abbau von Arbeitsplätzen, Ersatz der von Menschen verrichteten Arbeit durch Maschinen, aber sie führt in der Regel auch zu einer Produktivitätssteigerung und einem höheren Lohn für Arbeiten, die die Maschinen nicht ersetzen können. Und diese Wertsteigerung der Arbeit bringt wiederum neue Arbeit mit sich. Obwohl sich die Automatisierung rapide ausdehnt und die Entwicklung der KI-Technologien sehr schnell vorangeht, sind wir noch weit davon entfernt, dass Roboter die Menschen bei Arbeiten ersetzen, in denen Flexibilität und Ermessensfreiheit gefragt ist und die sich im Allgemeinen nur schlecht kodifizieren lassen.

Boeri ist ferner der Meinung, dass sich nicht nur der technische Fortschritt auf den Arbeitsmarkt auswirkt, sondern dass auch der Arbeitsmarkt seinerseits einen Einfluss auf die technische Entwicklung hat. Der technische Fortschritt ist nämlich alles andere als einheitlich: Je nach den Einrichtungen auf dem Arbeitsmarkt, der Bevölkerung und den Humanressourcen in einem bestimmten Land kann sich die technische Entwicklung in verschiedene Richtungen bewegen. Auch technische Innovationen, die weniger qualifizierte Arbeitsplätze ersetzen, können neue und andere Arbeitsmöglichkeiten für weniger gebildete Personen eröffnen.

In vielen Ländern hat sich der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahrzehnten stark polarisiert; es haben sich nämlich vorwiegend an den Extremen der Beschäftigungsverteilung nach Qualifikation Arbeitschancen eröffnet, d. h. besonders die niedrig qualifizierten und die sehr hoch qualifizierten Berufe sind gefragt, während Berufe, die durchschnittliche Kompetenzen voraussetzen, zurückgehen.

Der technische Fortschritt könnte diese Polarisierung verursacht haben, denn er hat vielen gebildeten Menschen – und insbesondere gebildeten Frauen – zu einer Teilhabe am Arbeitsmarkt verholfen, die wiederum gering qualifizierte Personen als Haushaltshilfen einstellen. Der technische Fortschritt bringt Umverteilungsschwierigkeiten mit sich, die unsere Sozialschutzsysteme anscheinend noch nicht bewältigen können. Solche Systeme wurden eingeführt, um die durch Konjunkturschwankungen bedingten sozialen Kosten einzudämmen, reichen heute aber anscheinend nicht mehr aus, um strukturelle Probleme langfristig zu bewältigen, wie z. B. die Zukunft der Personen, deren individuelles Humankapital schlagartig abgewertet wurde.

Diese Systeme sind heutzutage nicht mehr in der Lage, die neuen Formen abhängiger Arbeit sozial abzufangen, die sich oft als selbständige Arbeit darstellt, wie z. B. die mit der Nutzung der digitalen Plattformen entstandene Gig Economy. Aus der Geschichte kann man viel über die Auswirkungen der neuen Technologien lernen. Deshalb wird beim diesjährigen Festival der geschichtlichen Narration, insbesondere jener, die auf den Daten der Wirtschaftshistoriker basiert, viel Raum gegeben. Allerdings muss man sich auch im Klaren sein, dass die Vergangenheit nur unvollkommen Aufschluss darüber geben kann, was uns in den kommenden Jahrzehnten erwartet.

Der technische Fortschritt verläuft nämlich alles andere als linear. Tito Boeri schließt mit dem Hinweis, dass die Ideen von Technologen und Ökonomen beim Wirtschaftsfestival 2018 mehr als bei den vorhergehenden Festivals im Mittelpunkt stehen werden. Diese können selbstverständlich die Zukunft nicht vorhersagen, sie sich jedoch konkreter als viele andere Menschen vorstellen, und sie besitzen auch die Fähigkeit, all ihre Widersprüche zu erkennen.













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